Herausforderungen der österreichischen Finanzpolitik.

Date 10.02.2015
Bundesminister Dr. Hans Jörg Schelling, Bundesminister für Finanzen, Wien

Im Rahmen der Tiroler Industriegespräche begrüßte der Absolventenclub des Management Center Innsbruck, MCI Alumni & Friends, gemeinsam mit der Industriellenvereinigung Tirol den österreichischen Finanzminister Dr. Hans Jörg Schelling, der in einem eindrucksvollen Vortrag die Eckpunkte der aktuellen Finanzpolitik sowie strategische Weichenstellungen für die nächsten Jahre erläuterte.

Bei der Beurteilung der finanzpolitischen Lage seien zunächst geopolitische, internationale, wirtschaftspolitische sowie gesellschaftspolitische Faktoren zu betrachten: Weltweit beobachte man ein verlangtes Wirtschaftswachstum, wonach nicht mehr davon ausgegangen werden könne, dass finanzpolitische Probleme mittels Wachstum gelöst werden könnten. Zudem zeigten Terrorismus, Krieg und politische Unruhen – Beispiel Paris oder Ukraine – massive Rückschläge auf die wirtschaftliche Lage in den europäischen Ländern.

Vollkommen falsch wäre es jedoch, so Minister Schelling, sich auf eine Position zurückzuziehen, wonach vor allem die anderen an der heimischen Finanzmisere schuld wären. Vielmehr seien auch in Österreich die längst fälligen Hausausgaben in finanzpolitischer Hinsicht zu erledigen. Österreich habe kein Einnahmen-, sondern ein Ausgabenproblem, was eine Verschuldungsquote von 85 % eindrucksvoll beweise. In der Zeit der zweiten Republik sei es bisher erst zweimal gelungen, mit einem Nulldefizit zu bilanzieren.

Am Beginn der Überlegungen zur finanzpolitischen Sanierung stünde die Definition von Strategie und Zielen, denen dann die Struktur folge. Für eine langfristig positive Entwicklung sei es wichtig, mit Mut und Leadership die richtigen Weichen zu stellen. Dabei gelte es, eine Reihe von Herausforderungen und impliziten Kostenentwicklungen zu berücksichtigen: steigende Pensionskosten, wachsender Pflegeaufwand, jährlich höhere Verwaltungskosten, fehlende Flexibilisierung des Arbeitsmarktes. Derzeit werde mit einem Entlastungsvolumen von 5 Mrd. Euro die größte Steuerreform der zweiten Politik vorbereitet, die auf folgenden Säulen ruht:

·        steuerliche Entlastung der Bürger/-innen
·        Entflechtung und Entbürokratisierung
·        Generierung von Wachstum und Beschäftigung

So werde u. a. der Eingangssteuersatz für Einkommens- und Lohnsteuer von 36,5 % auf 25 % abgesenkt; der Spitzensteuersatz soll in Zukunft erst ab Einkommen von 80.000 – 100.000 Euro zur Anwendung kommen. Auch jene Bürger/-innen, die derzeit keine Einkommens- bzw. Lohnsteuer entrichten, sollen durch eine Senkung der Sozialversicherungsbeiträge entlastet werden.

Rund 15 bis 17 % der Steuerentlastung würden sich durch Konsumeffekte selbst finanzieren. Ein substanzieller Anteil der Gegenfinanzierung würde jedoch auf Bund (67 %), Länder (22 %) und Gemeinden (11 %) entfallen. Weitere Ansätze zur Gegenfinanzierung seien daher die Durchforstung von Förderungen, der Wegfall von Ausnahmen im Steuerrecht sowie die Bekämpfung von Sozialmissbrauch und Steuerbetrug, beispielsweise des organisierten Mehrwertsteuerbetrugs. Außerdem werde auf Bundesebene ein Verwaltungskostendämpfungspfad angelegt, dessen Ziel es sei, die von 2016 bis 2020 prognostizierten Verwaltungskosten von 2,9 % auf 1,9 % abzusenken. Allein dieser kumulierte Effekt finanziere Mindereinnahmen in Höhe von mindestens 3 Mrd. Euro.

Die anschließende lebhafte Diskussion mit dem Publikum wurde von MCI-Rektor Dr. Andreas Altmann moderiert.

Einladungsflyer_Bundesminister_Schelling.pdf

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