Livetalk mit Stefan Pichler zu Überlebenskampf und Zukunft der Luftfahrtindustrie.
Stefan Pichler:Vorstandsmitglied a.D. der Lufthansa; CEO a.D. Royal Jordanian Airlines, Air Berlin, Thomas Cook, Fiji Airways, Jazeera Airways.
Als diverse Flugunternehmen in der Vergangenheit in der Krise steckten, war Stefan Pichler mit seinem Know-how rettend zur Stelle und schaffte für diese Unternehmen den Turnaround. Als erfahrener Luftfahrt- und Touristikmanager hatte er bis zum Antritt seines Ruhestandes im September 2020 mehrere Vorstandsfunktionen bei bekannten Airlines inne und sorgte dort für deren Weiterbestand.
Besonders die Luftfahrtindustrie ist aufgrund der momentanen - durch COVID-19 - verursachten dramatischen Krise schwer betroffen und es findet eine flächig beobachtbare Tendenz zur wettbewerbsfähigeren Privatisierung statt. Eine Einschätzung der längerfristigen Entwicklung in der Luftfahrtindustrie ist da nicht ganz einfach. Stefan Pichler sieht zukünftig Veränderungen in der Systematik durch viele neue Anbieter im Low-cost Bereich, die es mit ihrer schnelleren Anpassungsfähigkeit an den Markt den etablierten Airlines schwermachen werden. Jetzt ginge es nicht mehr um die Profitabilität einer Fluglinie, sondern um Cash-Flow und Kostenmanagement um ihr Überleben zu sichern.
Vor allem die vor- und nachgelagerten Wertschöpfungsstufen, wie etwa Flughafenzubringer, -shops und -gastronomie, würden derzeit zu wenig Beachtung finden. Dabei werden die Flughäfen neue Konsummöglichkeiten schaffen müssen, um Attraktivität zu generieren: „Viele kleinere Anbieter werden ausscheiden und es wird eine Konzentration stattfinden. Ich rechne mit einer weiteren Oligopolisierung der Märkte“, meint Pichler. Lösungsansätze für einen Aufschwung aus dem derzeitigen Stillstand seien unter anderem die Entwicklung neuer Partnerschaften, ein flächendeckendes internationales Netzwerk und eine verbesserte Kundenbindung. Dann könnte sich aus Sicht der IATA und der Fluggesellschaften selbst eine Stabilisierung bis 2024 ausgehen.
Angesichts der bereits beschleunigten Digitalisierung und Automatisierung stellt sich zudem die Frage inwieweit hochtechnologische intelligente Unterstützungssysteme für Piloten und Fluglotsen künftig zu Personalreduktionen in diesem Bereich führen werden. Allerdings ist das aus Stefan Pichlers Sicht eine theoretische Diskussion, da die Kundenakzeptanz für den Ersatz von Piloten, Lotsen und Cabin Crew Mitarbeitern durch Maschinen und künstliche Intelligenz eindeutig fehle. „Eine Abschaffung des Menschen in diesen Bereichen innerhalb der nächsten 10-15 Jahre wird daher sicher nicht kommen.“
Auch die Nachhaltigkeitsthematik erhält angesichts der Pandemiesituation neuen Aufwind und die Erfüllung des Pariser Klimaabkommens stellt die Flugindustrie weltweit vor ein Thema, dem sie sich nicht verschließen wird können. Das sei aber hauptsächlich eine Frage der Bepreisung durch eine Kerosinsteuer bzw. generell umweltfreundlicherer Modelle und weniger durch einen Technologiewechsel. Elektroflugzeuge oder gar Luftschiffe hätten laut Pichler eine stark begrenzte Marktchance und als viel zu kleine Nische für das Luftfahrtsystem und dessen Wertschöpfung daher keine Relevanz. Vielmehr und ganz im Gegenteil seien „Größe und Marktmacht der Schlüssel zum Erfolg“. So werden sich ganz entsprechend der Wachstumsdynamik im asiatischen Raum längerfristig Mega-hubs und Superjumbos durchsetzen.
Unsere Studierenden teilen gerne ihre Erfahrungen mit Ihnen und erzählen von ihren Lehrveranstaltungen, Projekten und dem Studentenleben in der pulsierenden Alpenmetropole Innsbruck.
Finden Sie das Studium, das zu Ihnen passt.