Digitalisierung & Werte. MCI-Livetalk mit E-Commerce-Pionier Prof. Michael Otto.

Date 22.04.2021

Prof. Michael Otto, Aufsichtsratsvorsitzender der Otto Group, als Distinguished Guest Online an der Unternehmerischen Hochschule®.

 

Anita Zehrer, Leiterin des Zentrum Familienunternehmen am MCI, im Gespräch mit Prof. Michael Otto. Foto: MCI
Anita Zehrer, Leiterin des Zentrum Familienunternehmen am MCI, im Gespräch mit Prof. Michael Otto. Foto: MCI

 

Prof. Dr. Michael Otto ist eine der erfolgreichsten deutschen Unternehmerpersönlichkeiten der Gegenwart. Mit 28 Jahren steigt er zunächst als Vorstandsmitglied im Bereich Einkauf Textil in das väterliche Unternehmen in Hamburg ein und übernimmt 10 Jahre später den Vorstandsvorsitz. Bereits in den 1990ern baut er neben dem Kataloggeschäft und dem stationären Einzelhandel sukzessive auch den Bereich des E-Commerce aus und wird damit zum Vorreiter der Multichannel-Strategie.

Aber wie entwickelt sich die Wertehaltung in der Transformation eines Familienunternehmens zu einem global tätigen zukunfts-fitten Digitalunternehmen? Mittlerweile ist die Otto-Group mit 123 Konzernfirmen in über 30 Ländern eine weltweit agierende Handels- und Dienstleistungsgruppe mit mehr als 49.000 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von 15 Mrd. Euro. Da ist es laut Michael Otto besonders wichtig die Verantwortung für eine nachhaltige Wirtschaftstätigkeit zu tragen. Die digitale Transformation ist dabei mehr als nur die Einführung digitaler Technologien oder neuer Geschäftsmodelle, sondern setzt auch einen Kulturwandel voraus, bei dem das gemeinsame Mindset stimmen muss.

Essentiell sei es dabei mit dem enormen Tempo der digitalen Entwicklungen Schritt zu halten, denn „man wird in Zukunft nur über eine erhöhte Agilität bestehen können“. Das bedeutet die Notwendigkeit einer Abkehr von top-down und order control hin zu echter Verantwortungsdelegation an das Team, das selbst entscheidet, Lösungen erarbeitet und diese umsetzt. Die Führungskraft sollte dabei die Rolle des Coachs einnehmen, so Otto, denn im Gegensatz zu früher liegt das spezifische Know-How mittlerweile bei den qualifizierten Mitarbeitern: „Man muss bereit sein Fehler zuzulassen und diese dann schnell zu korrigieren.“

Das Prinzip werteorientierter Nachhaltigkeit schlägt sich in der Otto-Group aber nicht nur in der Kultur nieder, sondern man hat bereits sehr früh den Umweltschutz zum Unternehmensziel erklärt. Damals vom Umfeld noch als exotisch wahrgenommen, sind überarbeitete Produktionsketten und Audits längst Elemente der gemeinsamen Umwelt- und Sozialstandards innerhalb der Unternehmensgruppe. Auch diverse Stiftungen, durch die in weitere Folge Reduktionen des CO2-Ausstoßes und Wasserverbrauchs und damit selbstgesteckte Nachhaltigkeitsziele erreicht werden gehören zur Wertehaltung bei Otto wie Schulprojekte und Women Empowerment in den Produktionsländern. Für Michael Otto steht dabei fest: „Nachhaltig erfolgreich kann ein Unternehmen nur sein, wenn es klare Werte hat und diese auch glaubwürdig praktiziert, denn Konsumenten erkennen greenwashing.“

Dazu gehört auch das Einbeziehen der Mitarbeiter, denn die wollen sich mit einem Unternehmen identifizieren können und die Wertehaltung teilen. Aber es ist wesentlich im Prozess der Wertevermittlung darauf zu achten, dass nachhaltiges Wirtschaften erst erlebbar gemacht werden muss, bevor man einen Code of Ethics definiert, denn die Mitarbeiter müssen sich selbst davon überzeugen und die gemeinsame Haltung spüren können. „Die Werte müssen die DNA des Unternehmens sein“, so Michael Otto, der auch anderen Großkonzernen die Einrichtung einer Akademie für diesen Zweck mit Weiter- und Fortbildungen empfiehlt.

Letztendlich liegt die Definition und Ausübung von Unternehmenswerten aber auf der Führungsebene und Führungskräfte sollten, damit das funktionieren kann, strategisch denken können, Ziele klar definieren, aber auch umgekehrt die Mitarbeiter selbständig arbeiten lassen und neue Organisationsmethoden ausprobieren - Stichwort betriebswirtschaftliche Resilienz. Zu einem gewissen Unsicherheitsfaktor, der bei Anpassungsversuchen bleibt, meint Michael Otto: „Wenn jemand Angst hat Fehler zu machen, darf er nicht Unternehmer werden. Dass viele Entscheidungen auch Fehlentscheidungen sind, gehört zum Leben.“

 

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