09. Juni 2021

Social Entrepreneurship – Prinzipien des Marktes im Sozialbereich nutzbar machen.

Der indische Unternehmer & Vorsitzender von Fabindia, William N. Bissell, als Distinguished Guest Online an der Unternehmerischen Hochschule®.

 

MCI-Livetalk mit dem indischen Unternehmer & Vorsitzenden von Fabindia, William N. Bissell. Foto: MCI
MCI-Livetalk mit dem indischen Unternehmer & Vorsitzenden von Fabindia, William N. Bissell. Foto: MCI

 

Social Entrepreneurship oder Sozialunternehmertum wurde dem indischen Unternehmer William N. Bissell in die Wiege gelegt, da sein Großvater eng mit der letzten Gruppierung um Mahatma Ghandi zusammenarbeitete. Soziale Gleichberechtigung stand also schon immer im Mittelpunkt seiner Familie.

„Das erste Mal in der Geschichte der Menschheit leben wir in einer Überflussgesellschaft“, erklärt Bissell. Jedoch sieht er eine Stagnierung in der Ausrichtung der Regierung sowie in der Gesellschaft, wie wir am besten damit umgehen können. Die Aufgabe der Regierung sieht Bissell darin, Abkommen zu schließen, um die Interessen der Bevölkerung zu vertreten. Er ist überzeugt, wenn die Rahmenbedingungen geschaffen werden, dann kann der Markt übernehmen. Denn der freie Markt hat uns im letzten Jahrhundert immense Vorteile beschert, jedoch bringt er auch Nachteile, wenn man an die derzeitige Klimakrise denkt. Auch die Impfstoffverteilung der COVID19 Impfstoffe spricht Bissell an. Er plädiert für eine gerechte globale Verteilung, die auch im Sinne der reichen Industriestaaten ist, damit Mutationen, die anhand des fehlenden Impfstoffes in Entwicklungsländern entstehen können, zu verhindern.

Unternehmen rät Bissell, Sozialunternehmertum nicht in die Schublade von ‚Corporate Social Responsibility‘ zu stecken, sondern als zentralen Ausgangspunkt ihrer Firmenphilosophie anzusehen. Wird das nicht getan, ist es für ihn ein klares Zeichen dafür, dass die Führungskräfte kein Interesse an einer langfristigen, nachhaltigen Unternehmensführung haben.

Beispiele aus der Praxis

Bissell räumt mit der Annahme auf, dass herkömmliche Bauern produktiver als Biobetriebe seien. Er erklärt dies anhand der Erfolgsgeschichte von ‚Organic India‘, in der er als Vorstandsvorsitzender tätig ist. Bauern in Indien haben keine Gesundheitsversicherung. Außerdem müssen sie ihre Ware kurz nach der Erntezeit verkaufen, was zu einem rasanten Preissturz führt. Mit der Einführung einer Gesundheitsversicherung sowie der Konstruktion von Warenlagern, die es erlauben, über das gesamte Jahr hinweg die Waren zu verkaufen, konnte eine stabile Situation für die Produzent/innen von Organic India geschaffen werden. Mittlerweile ist sein Unternehmen weltweit führend beim Verkauf von biologisch angebauten ayurvedischen Kräutern und Tees aus Indien.

Der Weg dorthin war aber kein leichter. „Die ersten 10 Jahre haben wir 20 Millionen Dollar verloren“, erklärt Bissell. Es hätte schon Möglichkeiten gegeben, Abkürzungen zu gehen, aber man war von der langfristigen Idee überzeugt. Dabei steht für ihn die respektvolle Beziehung mit Produzent/innen im Vordergrund. Bissell erklärt in einfachen Worten: „Mit den Top Produzenten müssen wir eine gute Partnerschaft eingehen, denn gerade sie werden gebraucht, um neue Investitionen zu tätigen.“

Erfolgreich abseits des Mainstreams

Mit den Global Playern will Bissell mit Fab India, einer Lifestyle-Einzelhandelsketten, gar nicht konkurrieren, er findet lieber Nischen, in denen sein Unternehmen erfolgreich sein kann. Kund/innen von Fab India wird ermöglicht, online einzukaufen, jedoch auch einen personalisierten Service erhalten, wie man ihn von den Internet Riesen nicht erwarten kann.

Dabei spielt Marketing eine wichtige Rolle für Bissell, um sich abzuheben. Mit gutem Marketing kann man auch mehr für die Produkte verlangen. Entweder durch die Schaffung eines Statussymbols oder mit einem Produkt, die für einen bestimmten Lebensstil steht – so wie im Fall von Fab India. Hier sind Kunden auch gewillt, mehr für das Produkt zu zahlen.

Buchempfehlung: William N. Bissell – The next enlightenment. Reimagining Consciousness, Wealth and the Future of Humanity

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William Nanda Bissell, der Vorsitzende von Fabindia, hat in den letzten zwei Jahrzehnten das Wachstum des Einzelhandels und die Produktdiversifizierung des Unternehmens gesteuert. Als eine der erfolgreichsten zeitgenössischen Lifestyle-Einzelhandelsketten Indiens ist Fabindia bekannt für seinen Fokus auf handwerklich gefertigte Produkte und die Schaffung von Arbeitsplätzen und Lebensgrundlagen im Handwerksbereich im ganzen Land.

Besonders erfolgreich war Fabindia bei der Überbrückung der Kluft zwischen Stadt und Land, indem es Handwerkern auf dem Land, die mit traditionellen Fertigkeiten arbeiten, Zugang zu städtischen Märkten verschaffte.

Dieses Engagement erstreckt sich auch auf das zur Fabindia-Gruppe gehörende Unternehmen Organic India, das als weltweit führende Quelle für authentische Bioprodukte und Nahrungsergänzungsmittel anerkannt ist und durch sein breites Netzwerk von Landwirten und Stammeshandwerkern aktiv natürliche, nachhaltige, biologische Landwirtschaftspraktiken und Lebensgrundlagen im ländlichen Indien unterstützt.

1988, nach seinem Abschluss an der Wesleyan University, gründete William den Bhadrajan Artisans Trust (BAT) - eine Kunsthandwerker-Kooperative von Lederarbeitern und Webern mit Sitz im Bundesstaat Rajasthan. Der ursprüngliche Trust betreibt jetzt eine ländliche Schule in der gleichen Gegend mit über 450 Schülern und einem Schwerpunkt auf hochwertiger Bildung.

Zwischen 1990 und 1999 experimentierte William mit verschiedenen Formen von Gemeinschaftseigentum, eine Erfahrung, die seine Herangehensweise an Lieferanten und Lieferbasen stark beeinflusste, als er 1999 die Geschäftsführung von Fabindia übernahm, eine Position, die er bis 2018 innehatte.

William lebt mit seiner Frau und zwei Kindern in Delhi. Er ist ein begeisterter Leser und setzt sich leidenschaftlich für die Umwelt, die aktive Rolle von Good Governance in der Wirtschaft und den Aufbau von Gemeinschaften als soziale Verantwortung ein - Themen, über die er regelmäßig spricht.

 

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