Brennpunkt Ukraine – Herausforderung für Europa.

Date 09.03.2022

Im Rahmen der Vortragsreihe von MCI Alumni & Friends freute sich die Unternehmerische Hochschule® auf den Besuch von Prof. Gerhard Mangott.

© MCI

 

 

Gerhard Mangott thematisiert im Gespräch mit Rektor Andreas Altmann die aktuellen Geschehnisse in der Ukraine und geht dabei auf Putins Einstellung gegenüber dem Westen, die russische Außenpolitik und die Rolle Chinas ein.

Putins „Ablehnung gegenüber dem Westen“

Mangott führt die aktuellen Entwicklungen und die drastische Veränderung in der Verhaltensweise Russlands auf mehrere Faktoren zurück. Laut dem Experten spielen vor allem außenpolitische Entscheidungen des Westens und konkrete historische Ereignisse, wie die Osterweiterung der NATO oder der Zusammenbruch der Sowjetunion, eine tragende Rolle. Außerdem fällt der zurückdrängende Auftritt der USA gegenüber Russland ins Gewicht, wodurch der Drang zu einer aggressiveren Außenpolitik zusätzlich verstärkt wurde. Auch wenn einst eine laut Mangott authentische Erwartung einer Zusammenarbeit mit dem Westen gegeben war, ist Putin heute „von Misstrauen und Ablehnung gegenüber dem Westen fast zerfressen“.

Russlands Außenpolitik „geht weit über Putin hinaus“

Putin hat seine Ziele klar formuliert und ist bereit, alles militärisch Notwendige zu tun, um diese zu erreichen. Auch wenn die Ukraine allen Forderungen Russlands Folge leiste, kann Mangott nicht ausschließen, dass neue aggressive Forderungen folgen würden. Denn er schreibt Putin eine „pathologische Obsession“ zu, slawische Völker in eine gemeinsame Welt zusammenzuführen. Eines ist für Mangott aber klar: Jetzt nachzugeben würde für Russland das Eingestehen einer Kriegsniederlage bedeuten – „für die derzeitige russische Führung völlig unmöglich“. Trotzdem sieht Mangott den Standpunkt kritisch, Russlands außenpolitisches Verhalten alleinig Putin zuzuschreiben, denn „der Konsens, eine solche Außenpolitik zu betreiben, ist weit größer“ und „geht weit über Putin hinaus“.

Geschlossenheit „stärkster Trumpf des Westens“

Europa und die USA haben schnell und konsequent Sanktionen gegen Russland gesetzt, welche nach Einschätzung Mangotts nicht nur die russische Wirtschaft auf Jahrzehnte schwächen wird: „Die Sanktionen des Westens dienen nicht mehr dem erwünschten Ziel der Verhaltensänderung, daran glaubt wohl niemand, sondern der Bestrafung und mittelfristig der Hoffnung auf einen Regimewechsel in Moskau“.

Zudem unterstützt der Westen die Ukraine sowohl humanitär als auch finanziell und hat bereits seine Unterstützung für mögliche Aufstandsbewegungen innerhalb der Ukraine signalisiert. Mangott erwartet nicht, dass sich Soldaten der NATO in der Ukraine gegen russische Truppen stellen werden. Bei einer Einmischung der NATO sieht er zudem eine hohe Wahrscheinlichkeit einer nuklearen Eskalation. Die „Einigkeit“ und „Geschlossenheit“ bleibt der „stärkste Trumpf des Westens“.

China als „großer Gewinner“

Für Mangott ist China geopolitisch der große Gewinner der jetzigen Auseinandersetzungen. Einerseits ist Russland durch die harten wirtschaftlichen Sanktionen sowohl technologisch als auch finanziell immer stärker auf China angewiesen. Andererseits können sich die USA nicht mehr klar auf die Rivalität mit China fokussieren, da sie unter anderem als Sicherheitsgarant für Europa fungieren. Trotzdem ist die Situation für China unangenehm, da es auch wirtschaftliche Interessen in der Ukraine verfolgt. Eine Kluft zwischen Russland und China wird es laut Mangotts Einschätzung aber nicht geben.

Gerhard Mangott, Professor für Politikwissenschaft an der Universität Innsbruck | Experte für Osteuropa, Russland

Gerhard Mangott ist ein österreichischer Politikwissenschafter und Professor für internationale Beziehungen an der Universität Innsbruck mit dem Schwerpunkt Osteuropa und Russland.

Von 1984 bis 1989 widmete er sich dem Studium der Politikwissenschaft, der Geschichte und der Slawistik an der Universität Innsbruck sowie an der Universität Salzburg. 1989 erhielt er den Magister der Philosophie im Fach Politikwissenschaft. Im Jahr 2001 promovierte er mit einer eingereichten Arbeit zum Doktor der Philosophie im Fach Politikwissenschaft. Gerhard Mangott wurde im Jahr 2002 habilitiert und hält die Venia Docendi der Politikwissenschaft. Am 1. Oktober 2015 wurde er Universitätsprofessor für Internationale Beziehungen an der Universität Innsbruck.Von 1989 bis 1991 war Gerhard Mangott Mitarbeiter am Institut für Politikwissenschaft der Universität Innsbruck im Rahmen des Forschungsprojekts „Sozialdemokratie im Ghetto. Zur Lage der Sozialdemokratie in Westösterreich“ im Auftrag des Dr.-Karl-Renner-Institutes in Wien. Von 1991 bis 2008 wirkte er als Russland- und Osteuropareferent am Österreichischen Institut für Internationale Politik (OIIP) in Laxenburg und in Wien. Seit dem 1. Juli 2000 ist Gerhard Mangott am Institut für Politikwissenschaft an der Universität Innsbruck tätig. Seit dem 1. März 2003 ist er ao. Univ.-Prof. für Politikwissenschaft an der Universität Innsbruck. Am 1. Oktober 2015 wurde er zum Universitätsprofessor für Politikwissenschaft mit dem Schwerpunkt Internationale Beziehungen ernannt. Sein Hauptforschungsgebiet ist Internationale Politik und vergleichende Regimelehre.

Gerhard Mangott ist ein Experte im Bereich der Regimelehre Russlands und der Ukraine, der Rüstungskontrolle und Proliferation sowie der Energiesicherheit der Europäischen Union im Öl-und im Gassektor. Seit 2009 ist Gerhard Mangott auch Scientific Adviser on Post-Soviet Affairs am OIIP in Wien. Gerhard Mangott ist als Gutachter für den britischen ‘Economic and Social Research Council’ (ERSC), die ‘Volkswagenstiftung’, den ‘Jubiläumsfonds’ der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB), den ‘Schweizerischen Nationalfonds zur Förderung der Wissenschaftlichen Forschung’ und verschiedene wissenschaftliche Fachzeitschriften tätig.

Einem breiten Publikum wurde Mangott als ORF-Experte für russische und osteuropäische Politik bekannt. Seit Beginn des Ukraine-Krieges ist Mangott häufiger Gast in ORF-Nachrichtensendungen.

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