In Citizen Science Projekten werden Bürger/innen, oft Jugendliche, zu Forschenden. Dabei entwickeln sie selbst Forschungsdesigns, erheben selbst Daten oder helfen bei der Dateninterpretation. Im Projekt „Food Explorer“ haben Schüler/innen aus acht Tiroler Schulen selbst das Nahrungsangebot in und um ihre Schule untersucht. Wie das in Citizen Science Projekten üblich ist, übernahmen die Schüler/innen Aufgaben von professionellen Wissenschafter/innen.
Wie Schüler/innen zu Forschenden werden
Dabei haben sie Fotos und Beschreibungen zu ihrem Nahrungsumfeld über ein digitales Erhebungstool hochgeladen und Lebensmittel in drei Kategorien eingeordnet: gesund, mittel und ungesund. Vorbesprechungen mit den Schüler/innen und eine Durchsicht der hochgeladenen Nahrungsangebote und deren Beschreibungen zeigten, dass die Jugendlichen diese Einteilung sehr kompetent selbst durchführen konnten.
Insgesamt haben sie dabei über tausend angebotene Lebensmittel kategorisiert. Der Großteil der Nahrungsanbieter im Schulumfeld fiel in die Kategorie „Fast Food“, wobei Schulangebote, wie Kantinen, eine untergeordnete Rolle spielten. Insgesamt kategorisierten die Schüler/innen 46 Prozent aller Lebensmittelangebote als „ungesund“. Nur 24 Prozent wurden als „gesund“ eingestuft, und 31 Prozent als „weder noch“. Dieser Befund zeigt sich auch bei den einzelnen Schulen: In sieben der acht Schulen belief sich der Anteil an ungesunden Produkten auf zwischen 42 und 50 Prozent.
Eine „Ausreißer-Schule“
Es gab jedoch einen Ausreißer: Die NMS Langkampfen kategorisierte nur 19 Prozent der in ihrem Umfeld vorgefundenen Lebensmittel als „ungesund“ und einen Großteil (51 Prozent) als „gesund“. „Der Grund dafür ist, dass es in der dortigen Schulumgebung praktisch keine kommerziellen Snackangebote gibt“, erklärt MCI-Mitarbeiterin Emina Pejkovic, die das Projekt gemeinsam mit den Schülerinnen umgesetzt hat.
Als Konsequenz nehmen die Schüler/innen ihr Essen von zu Hause mit, und diese Lebensmittel sind meist weniger stark verarbeitet als kommerzielle Angebote. „Kommerziell angebotene Lebensmittel beinhalten meist zu viel zugesetzten Zucker, Fett oder Salz. Das ist eben ein Weg, um den Geschmack zu verbessern und sich dadurch einen Vorteil gegenüber der Konkurrenz zu verschaffen“, so Raffael Heiss, Leiter des Projektes am MCI.
Diesem Konkurrenzdruck sei man zu Hause nicht ausgesetzt, was vielleicht dazu führt, dass selbst gemachte Jause einen höheren Anteil an natürlichen oder wenig verarbeiteten Inhaltsstoffe beinhaltet. Darunter etwa Obst und Gemüse, Hülsenfrüchte oder Vollkornbrot.
Grafik: Klassifizierung der identifizierten Lebensmittel nach Schulen. Grün = „gesund“, gelb = „weder noch“, rot = „ungesund“.
Nahrungsumfeld verändern
Auf Grundlage der Studienergebnisse haben die Schüler/innen auch selbst Ideen entwickelt, wie das Nahrungsangebot an ihren Schulen verbessert werden kann. Die Schüler/innen entwickelten einen Automaten, der mit gesunden Snacks befüllt ist. Sie entwarfen ein digitales Zahlensystem, über das Eltern ihren Kindern Geld für die gesunde Schulkantine überweisen können. Zudem entwickelten sie attraktive Speisekarten für die Kantine, durch die gesundes Essen auch Spaß macht. Und ein Raumkonzept mit coolen Sitzecken, welche auch die soziale Attraktivität von gesunden Schulkantinen erhöhen.
Die Zukunft an Schulen
Während das Problembewusstsein bei den Schüler/innen durchaus gegeben ist, sieht Heiss Potenzial in der Politik, attraktive und gesunde Ernährung an Schulen zu unterstützen. „Wichtig dabei wäre, die Schüler/innen einzubinden und sich an ihren individuellen und sozialen Präferenzen zu orientieren, so dass das Angebot dann auch angenommen wird und eine nachhaltige Wirkung erzielt“, so Heiss.
Projekthintergrund
Das Projekt Food Explorer ist ein Citizen Science Projekt und wurde von der Tiroler Wissenschaftsförderung (TWF) gefördert. In Citizen Science („Bürgerwissenschaften“) Projekten übernehmen Bürger/innen, oft Jugendliche, die Aufgaben von professionellen Wissenschaftler/innen. Dabei unterstützen sie z.B. die Sammlung, Analyse, oder Interpretation von Daten. Auf Grundlage ihrer Datensammlung haben die Schüler/innen auch Ideen zur Verbesserung des schulischen Nahrungsangebotes in Form von Plakaten und Videos eingereicht. Folgende acht Schulen haben sich an dem Projekt beteiligt: Akademisches Gymnasium Innsbruck (AGI), MS Egger Lienz, MS Hopfgarten, MS Langkampfen, MS Schulzentrum Hall in Tirol, MS Telfs, and MSK Reutte.
Citizen Science Projekt „Food Explorer Tirol". ©fauxels, Pexels
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