Das Land Tirol beauftragte das Center for Social & Health Innovation des MCI | Die Unternehmerische Hochschule® Mitte Februar 2022 mit der Arbeit zum Thema Pflege in Tirol – Ideen, Perspektiven, Strategien & Zukunft. Seit Ende Juli 2022 liegen nun die Ergebnisse vor.
Durch die Arbeit des Center for Social & Health Innovation sollten bestehendes Wissen und Erfahrungen im Bereich Pflege gebündelt und Beiträge zur Entwicklung von Strategien und Herangehensweisen für die Pflege vorangetrieben werden. Hierbei war eine explorative Annäherung an neue Wege in der Pflege und die Begleitung des politischen Diskurses zur Festlegung einer Pflegestrategie für das Land Tirol zentral. Die Strategieentwicklung erfolgte unter Einbezug und Aufarbeitung vorhandener Expertise und Daten und durch das Einfangen eines Stimmungsbildes zum Thema Pflege in Tirol. Hierfür wurden bei der Umsetzung unterschiedliche Methoden kombiniert, um ein möglichst breites Spektrum an Perspektiven und Erfahrungen aus dem Bereich Pflege zugänglich und anschlussfähig zu machen. Den ersten Schritt bildete die Analyse bestehender Daten und Literatur zur Berücksichtigung des aktuellen, wissenschaftlichen Diskurses. Zusätzlich wurden Best-Practice-Beispiele entsprechend der Zielvorgaben literaturbasiert zusammengetragen und tagesaktuelle Entwicklungen in die Erhebung mitaufgenommen. Kern der Erhebung bildeten die qualitativen Interviews und Gruppendiskussionen mit einem explorativen Charakter. Es wurden Stakeholder/innen aus der Pflege als Expertinnen und Experten zur Mitwirkung eingeladen, um Erfahrungen, Bedarfe, Relevanzhorizonte, Schwerpunktsetzungen, Handlungsfelder, vorhandene Strukturen, Zukunftsperspektiven als auch innovative Lösungs- und Best-Practice-Ansätze aus den unterschiedlichen Regionen Tirols zusammenzutragen. Für die Einbindung von Menschen mit Behinderungen als Personen, die vielfach auf Pflege angewiesen sind, als auch ihren Angehörigen, entsprechenden Sozial- und Gesundheitsdienstleistern sowie Interessensvertretungen wurde aufgrund der großen Nachfrage in Zusammenarbeit mit RollOn Austria eine Fishbowl-Diskussion durchgeführt. Hier waren der partizipative Charakter und die aktive Beteiligung an der Diskussion für eine proaktive Einbindung in den Forschungsprozess zentral. Begleitet wurde das Forschungsprojekt durch einen Projektbeirat, der ausschließlich von Pflegefachkräften besetzt war und über die Projektlaufzeit als reflexive Instanz für das wissenschaftliche Vorgehen fungierte. Bis Ende Juli 2022 wurden insgesamt 124 Personen aus den Bereichen Gesundheit & Soziales, Interessenvertretung und Politik & Verwaltung im Rahmen der Interviews, Gruppendiskussionen und Fishbowl befragt.
Mittlerweile wurden die Ergebnisse in Form eines Endberichts an das Land übergeben. Im Rahmen des Projekts wurden wichtige Bedarfe deutlich. Wertschätzung gegenüber der Pflege ist eine der zentralsten Forderungen. Hier brauche es deutlich mehr Unterstützung der Politik, aber auch auf gesellschaftlicher Ebene. Anstelle einmaliger Zahlungen brauche es als Ausdruck von Wertschätzung die Implementierung nachhaltiger Verbesserungen der Rahmenbedingungen. Die Ansätze sind hierbei vielfältig. So werden im Zuge der Pflegeausbildung Forderungen nach Anreizen und Zugangserleichterungen beispielsweise durch den Erlass von Studiengebühren oder mehr Unterstützungsangeboten für Auszubildende deutlich. Die Lehre zum Assistenzberuf in der Pflege zur Gewinnung neuer Pflegekräfte wird dahingegen kontrovers diskutiert. Als ein weiterer wichtiger Themenkomplex stellt sich die Attraktivierung des Pflegeberufs dar. So wird eine Harmonisierung bestehender Kollektivverträge bei Bezahlung und Wochenarbeitszeiten gefordert. Auch die Planbarkeit von Vertretungsdiensten und Flexibilisierung der Arbeitszeitmodelle spielen in diesem Zusammenhang eine wichtige Rolle. Zudem wird eine höhere Bezahlung, Boni für Vertretungsdienste, mehr Lohntransparenz und eine Angleichung der Gehälter an MTBs angeregt. Neben der Bezahlung wird der Bedarf von Kompetenzerweiterungen im Sinne der Handlungskompetenz und monetären Vergütung von Spezialisierungen in der Pflege betont. Und auch die Sicherung von Personalkapazitäten durch beispielsweise die Rückgewinnung von Aussteiger/innen oder Vereinfachung von Nostrifizierungen werden diskutiert. Um Menschen in der Pflege zu halten, braucht es laut Teilnehmer/innen mehr Personal, das in künftigen Kennzahlen festgeschrieben und damit zugesichert wird. Zudem besteht breite Zustimmung, öffentlich wieder verstärkt Vorteile des Pflegeberufes zu kommunizieren und an einer starken, geeinten und abgestimmten Interessenvertretung zu arbeiten. Die Fachlichkeit, die scheinbar unendliche Vielfalt und einhergehende Abwechslung im Arbeitsalltag sind nur einige der zahlreichen Stärken des Berufs, die vom Pflegepersonal hervorgehoben werden.
Eine ausführlichere Darstellung der Ergebnisse sowie des Projektablaufs, der Methodik und Best-Practice-Beispiele können dem Endbericht Pflege in Tirol – Ideen, Perspektiven, Strategien & Zukunft entnommen werden, der zum Download zur Verfügung steht.
Ergänzend findet sich hier die Dokumentation zur Veranstaltung „Pflegevorsorge Tirol: Bedarf – Bedürfnisse – Würde“, die im Kontext des Projektes in Zusammenarbeit mit RollOn Austria durchgeführt wurde, um „Menschen, die gepflegt werden, sowie Menschen, die pflegen, eine Stimme zu geben und ihre Expertise sowie Erfahrungen einzufangen“.
Kontakt:
Friederike Sahling, B.Sc. M.A.Wissenschaftliche Assistenz & Projektmanagement+43 512 2070 – 7442friederike.sahling@mci.edu
Pflege in Tirol – Ideen, Perspektiven, Strategien & Zukunft. ©iStockphoto
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