Man findet sie inzwischen auf vielen Produkten des täglichen Lebens abgebildet: Carbon Footprints. Sie geben uns schnell einen Überblick darüber, wie viele Emissionen bei der Produktion des Artikels, den wir kaufen wollen, ausgestoßen wurden, bzw. welchen CO2-Fußabruck wir durch den Kauf des Produkts in der Umwelt hinterlassen.
Carbon Footprints können nicht nur für Produkte, sondern auch für Prozesse und ganze Unternehmen berechnet werden. Die den Berechnungen meist zugrunde liegenden Lebenszyklusanalysen bzw. LCAs (Life Cycle Assessments) ermöglichen eine vollständige Betrachtung aller Emissionen, die ein Artikel entlang seines Lebenszyklus verursacht.
Am MCI werden Lebenszyklusanalysen für Nachhaltigkeitsbetrachtungen zu verschiedensten Thematiken angewandt. Ein Kooperationsprojekt zwischen dem Studiengang Umwelt-, Verfahrens- und Energietechnik und dem Center for Social and Health Innovation (CSHI) des MCI beschäftigte sich jüngst im Auftrag der Eigenverwaltung bürgerlicher Nutzungsrechte Laas mit Optionen zum Taltransport von Marmor in Laas, Südtirol. Im Fokus lag dabei ein ökologischer Vergleich der Varianten des Transports mit bestehenden LKWs oder einer neu zu errichtenden Materialseilbahn. Durch die Betrachtung des gesamten Lebenszyklus von Seilbahn und LKW ergab sich unter den gegebenen Bedingungen das durchaus überraschende Ergebnis, dass die Weiterverwendung der LKWs bei kurzen Lebenszeiten und kleinen Produktionskapazitäten tatsächlich einen kleineren Carbon Footprint aufweist als der Neubau der Seilbahn. Grund dafür ist die CO2-Belastung, die die Baustoffe der Seilbahn aus ihrer Produktion mitbringen. Diese verkleinern sich allerdings drastisch, wenn die Lebenszeit und Produktionskapazität der Seilbahn vergrößert werden. Tatsächlich ergibt sich bei leicht gesteigerter Lebenszeit und der geplanten Produktionskapazität insgesamt ein Vorteil für die Seilbahn. Was noch dazu kommt ist, dass bei einer vollständigen LCA nicht nur der Carbon Footprint analysiert wird, sondern sämtliche relevante Umweltauswirkungen. So wurden in der gegenständlichen Analyse auch Aspekte wie Lärm- und Feinstaubbelastung, Energieeffizienz und Flächenverbrauch beleuchtet. Insgesamt ergab sich somit ein deutlicher ökologischer Vorteil für die Seilbahn.
Wird ein Carbon Footprint nach internationalen Standards berechnet, werden nicht nur die Emissionen mit einberechnet, die in einer Fabrik direkt durch den Energieverbrauch zur Produktion erzeugt werden. Es werden auch Emissionen mitbeachtet, die in der Gewinnung der Rohstoffe oder sogar während des Baus der Fabrik ausgestoßen wurden. Bei einer „cradle to gate“ Betrachtung werden Emissionen beschrieben, die von der Wiege, also dem ersten Schritt in der Herstellung eines Produkts - meist der Rohstoffgewinnung - bis hin zum Tor, durch welches das Produkt die Fabrik verlässt, ausgestoßen wurden. Man weiß somit, welche CO2-Belastung das Produkt aus seinem Produktionsprozess bereits mitbringt und kann darauf seine Kaufentscheidung basieren.
Vollständige LCAs beziehen auch die Entsorgung der Produkte und den Abriss der Produktionsanlagen an deren Lebensende mit ein. Aufgrund der Analyse vom Anfang bis zum Ende der Lebenszeit eines Artikels handelt es sich um Betrachtungen von der Wiege bis zur Bahre, „from cradle to grave“. Eine vollständige LCA nach den gängigen ISO Normen 14040/14044 bzw. dem GHG Protocol müssen auch diese Sphäre enthalten. LCAs sind somit unser bestes Werkzeug, Produktionsprozesse auf Hotspots mit hohen Emissionen zu untersuchen und entsprechend gegenzusteuern.
Im Rahmen der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) der Europäischen Union zu Nachhaltigkeitsberichten werden beginnend mit 2023 in den nächsten Jahren unter anderem Berichte zu den Treibhausgasemissionen von Unternehmen und deren Lieferketten verpflichtend. Die Relevanz von LCAs wird somit in naher Zukunft weiter steigen.
Mit seinen interdisziplinären Studiengängen ist das MCI gut aufgestellt, in Analysen die volle Bandbreite der Nachhaltigkeit mit ökologischen, ökonomischen und sozialen Aspekten abzudecken.
Für den individuellen Carbon Footprint gibt es mehrere Betrachtungsweisen © unsplash
Lebenszyklusphasen © Lucas Schuchter MCI
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