Frieden, Freiheit & Demokratie. Lech Walesas Gedanken zur Zukunft Europas

Date 12.05.2023

Lech Walesa, Vorsitzender der Gewerkschaft Solidarność (1980–1990) | Friedensnobelpreisträger (1983) | Staatspräsident der Republik Polen (1990-1995)

 

© MCI/Geisler

© MCI/Geisler

Gemeinsam mit dem Deutschen Freundeskreis der Universitäten in Innsbruck ist es der Unternehmerischen Hochschule® gelungen, einen hochkarätigen Gast nach Innsbruck zu holen: der polnische Friedensnobelpreisträger und erster demokratisch gewählte Präsident erklärte im moderierten Live Talk, welche Lösungen für Europa in der Zukunft möglich wären.

Wille zu Veränderung

Als Streikführer und Mitbegründer der im sowjetischen Einzugsbereich ersten unabhängigen Gewerkschaftsbewegung Solidarnosc ebnete Walesa in den 1970ern und 80ern den Weg zu einer Demokratisierung Polens und laut eigener Aussage schließlich zum Zerfall der Sowjetunion. Diesen Willen etwas zu verändern will er auch den heutigen Verantwortungsträgern und vor allem der Jugend mitgeben. Ziel sei es Bevölkerungen wie in China oder Russland, wo eine Strategie des territorialen Wachstums verfolgt werde, zu überzeugen, dass das derzeitige System in ihrem Land nicht gut für sie ist – dafür brauchte es propagandistisch-strategisches Geschick. Die Konflikte seien aber jedenfalls politisch und mit Diplomatie zu lösen, meint Walesa: „Solidarität hat keine Panzer“.

Initiative in Ära des Populismus

Überzeugt ist der mittlerweile 79-Jährige auch, dass dabei jedenfalls zumindest ein Staat in einer politischen Führungsrolle vorangehen sollte, denn eine Welt komplett ohne Führung halte er als Realist für gefährlich. Immerhin stünden sich in der Welt die zwei großen Wirtschaftssysteme Kommunismus und Kapitalismus gegenüber wozu auch noch das große Problem des Populismus komme und Walesa mahnt: „Am Verhandlungstisch braucht es Sachlichkeit – Emotionen sind etwas für den Fußballplatz.“

Notwendig sei jedenfalls die Initiative: den jungen Menschen in Europa stehen so viel mehr Ausbildung und finanzielle Mittel zur Verfügung als ihm selbst damals bei seiner Revolution, bei er einfach nur daran geglaubt hat, was er tat, meint Walesa und ergänzt: Hätte er diese Möglichkeiten damals gehabt, er hätte wahrscheinlich mehr als nur einen Nobelpreis erhalten.

Durchhaltevermögen

Dass der Weg zu Einigkeit und Konfliktbewältigung allerdings lang sein wird, betont Walesa auch. Es sei schwierig zu definieren, welches Fundament uns in der Globalisierung vereinen soll. Jedes Land habe sich früher anders entwickelt und auf so vielen verschiedenen Fundamenten sei es sehr schwierig etwas Gemeinsames aufzubauen. Er selbst und seine Bewegung hätten aber lange gekämpft (erst noch mit Waffen, dann mit Streiks) – „lange haben wir nicht gewonnen, aber letztendlich kam es zur Solidarität“.

Auf Einheit setzen

Walesa ist überzeugt: man sollte auf Einheit bauen und die bisherigen Errungenschaften erweitern, nicht im alten Stil zu Unabhängigkeiten zurückkehren. Die Grenzen hätten schließlich dazu geführt, dass wir so unterschiedlich sind. Die Welt ist so schön, aber manchmal einfach schlecht regiert.“ Daher brauche es neue Strukturen, auf globaler und kontinentaler Ebene. „In diese Richtung müssen wir gehen! Lasst und nicht die große Chance zerstören, vor der Europa steht!“

 

 

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